Es zieht in den Lenden:

Frühlingsgefühle

Jedes Jahr fällt wieder auf, im April oder Mai liegt irgendwie dieser Geruch von "Fick mich" (neuster Duft von Calvin Rasputin) in der Luft. Immer zu dieser Zeit dreht sich das Karussell noch und nöcher. Beteiligte an diesen schier endlosen Dauerbeziehungen sticht der Hafer und die Hormone rotieren. Auf einmal ist der liebevolle Trottel an der Seite so Scheiße, daß unbedingt der größte, arrogante Ficker der Umgebung ins Bett muß. Fragt man nach dem Grund, erhält man keine Antwort. Denn es gibt häufig keine. Auch die Männer sind von den tückischen Frühlingsstimmungen betroffen, aber sind die Frauen hormonell eh labil, so daß es bei denen viel schlimmer ist.

Nehmen wir das typische Heimchen am Herd, welches schon seit neuneinhalb Jahren immer mit demselben farblosen Lutscher in der Öffentlichkeit erschienen war. In der Regel heißen diese Normalos Tobias oder auch Sebastian. Mal ehrlich, mit Tobias und Sebastian kann man keinen guten Sex haben. Wie klingt schon: "Gib's mir, Tobias." oder "Besorg's mir, Sebastian." Nein, das geht wirklich nicht.

Unser Heimchen war auch nahezu asexuell, da sie seit der körperlichen Reife nur für Tobi oder Sebastian da war. Kein Mann verschwendete nach neuneinhalb Jahren auch nur einen Gedanken daran, hier eventuell landen zu können. Heimchen und Tobias bilden eine unstreitige Einheit. Sie gehören diskussionslos zusammen. Auf Typen wie uns wirken sie schlicht einschläfern und waren mit ihrer nervtötenden, harmonischen Zweisamkeit gerade mal an einem verregneten Sonntagnachmittag als Unterhaltung interessant. Die Anwesenheit dieser Pärchen stört nicht groß, deren Fehlen aber bestimmt auch nicht.

Daß der deren Zweisamkeit schon seit mindestens acht Jahren auf Gewohnheit basiert, ist sicher unstreitig und auch nicht so schlimm, denn unterschätze man die Hartnäckigkeit von Gewohnheit nicht. Glückliche, langjährige Ehen basieren meist auf Gewohnheit, garantieren aber auch Kontinuität und Vertrauen. Doch irgendwann wird es zum zehnten Mal Frühling, seit Heimchen und Tobias sich kennen, und eigentlich ist es wie immer, außer daß Heimchen erkannt hat, daß Tobias doch nicht Antonio Banderas ist. Ja, dies hat sie richtig erkannt, aber so war es ja auch schon immer. Doch auf einmal kann Heimchen ohne Antonio Banderas nicht mehr leben. Also geht Heimchen zum Frisör, fünfmal die Woche in die Disco, läßt sich von der nächstbesten dummgeilen Knalltüte vögeln und erklärt dem verstörten Tobi, der nicht weiß, wie ihm geschieht, daß irgendwie ihre Beziehung neu definieren müßten.

Tobi hat jetzt mehrere Möglichkeiten. Am besten wäre, er würde sie zum Teufel jagen, die Schlampe. Binnen von zwei Wochen würde sie wieder winselnd an der Tür scharren. Aber die nerven hat Tobias garantiert nicht. Also wird er wimmernd und jammernd dabei zusehen, wie Heimchen ihn hörnt. Er wird Christus um Vergebung anflehen und sich in Selbstzweifel verrennen. Aber grundlos. Denn er kann nichts dafür. Der Frühling ist wie die Pest, es kommt einem vor, als wäre gerade "Kentucky schreit ficken". Für die Solisten ist der Frühling die lukrativste Jahreszeit. Für die Pärchen kann diese eigentlich schöne Zeit in einem Massaker enden. Ende Juni wird Antonio Banderas dann wieder die Gitarre einpacken und eventuell wieder Heimchen mitnehmen. Aber vielleicht ist Tobi im Herbst wieder zu Hause bei seinem Heimchen. Der Ausgang ist immer offen und individuell. Aber abschließend bleibt zu bemerken: ohne diese geilen, frivolen Frühlinge, trotz seiner gemeinen Ausprägungen und seiner Unbeständigkeit, wäre der heiße Sommer nur halb so witzig. Denn im Sommer, und zwar einen ganzen Sommer lang, eine neue geile Frau zu vögeln und sich im Oktober wieder zu trennen, ist im Nachhinein totgeil.

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